Erfahrungsbericht Philippinen

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Land
Philippinen
Träger
Kolping Jugendgemeinschaftsdienste
Freiwillige/r
Christiane Alpers

Fatima Center

Workcamp - 2006


Ein komisches Gefühl war das ja schon, alleine im Zug auf dem Weg zum Flughafen zu sitzen und die große Reise ins Ungewisse zu beginnen. Wochen voller Vorfreude, Aufregung und Neugierde lagen hinter mir. Natürlich hatte ich mich auch schon ausgiebig über die Philippinen informiert, auf dem Vorbereitungsseminar alles, was in Worte fassbar war, erfahren und trotzdem war das Reiseziel noch so unbestimmt und vage. Erster Lichtblick war schließlich das Treffen mit der Gruppe am Flughafen. Alle haben sich gefunden und man ging freudig einem kurzen Lebensabschnitt entgegen, den man entschlossen war, gemeinsam zu beschreiten. Auf den Philippinen angekommen, empfing uns auch sogleich, neben schwüler Tropenluft, ein kleines Taxi, indem wir zehn mitsamt unserem Gepäck Platz fanden, obwohl es wohl nur für etwa sechs Menschen eingerichtet war. Ich möchte nicht sagen, dass es gemütlich war, aber solche Fahrten wurden doch irgendwie zum festen und unverzichtbaren Bestandteil unserer Reise.

So lernten wir beispielsweise schnell einiges über das philippinische Gemüt kennen, als uns die Polizisten am Straßenrand fröhlich zuwinkten, ohne auch nur zu versuchen, zu zählen mit wie viel Frauen zu viel unser Auto überladen war oder als einer unserer Fahrer - der freundliche Inhaber einer kleinen Pension in Manila - es in Anbetracht unserer Überladung vorzog, ein kleines Gebet zu sprechen, während er uns zum Flughafen kutschierte. Ich lernte auf dieser Reise aus Unbequemlichkeiten das Beste zu machen.

Im Fatima Center - der Ort, an dem wir die nächsten drei Wochen verbringen sollten - angekommen, empfing uns sogleich Schwester Felicitas, die Leiterin des Heimes. Sie nahm sich die Zeit, sich jeden Namen unserer Gruppe einzuprägen, indem sie nach dem warmen Händedruck bei jeder Einzelnen von uns noch eine Weile verharrte und uns in die Augen sah, während sie den Namen wiederholte. Schon allein für diese Begrüßung hat es sich gelohnt, an der Reise teilzunehmen, dachte ich, denn es ist schon ein beeindruckendes Gefühl am anderen Ende der Welt zu stehen und zu merken, dass man ganz persönlich einem Menschen dort wichtig ist. Ich lernte auf dieser Reise, was es heißt, willkommen zu sein.



Nachdem wir vormittags im Garten oder auf dem Bau eines neuen Speisehauses für die Kinder gearbeitet hatten, ging es am Nachmittag, an dem wir schon ein Frühstück, einen Snack und ein Mittagessen intus hatten, meistens hinaus aus dem Center zur Erkundung umliegender Sehenswürdigkeiten.





Auf ihre Weise beeindruckend waren die kleinen Häuser, in denen ganze Großfamilien wohnten, was man daran erkannte, dass oftmals der Opa mit seinen kleinen Enkeln vor der Hütte saß und vor sich hin starrte. Diese Leute wohnen in Gebäuden, die kleiner sind als unsere Garage, dachte ich und lernte, was es heißt, arm zu sein. Auf der gesamten Reise sah, fühlte, hörte, schmeckte und roch ich so viel Neues, Fremdartiges, zum Teil Anziehendes, zum Teil Abstoßendes, dass ich mir manchmal vorkam, wie in einer anderen Welt. Ich fragte mich, was wohl überwiegt, die Unterschiede oder die Gemeinsamkeiten zwischen diesem Land und meiner Heimat und kam so schnell zu keiner Lösung.





An manchen Orten begegneten wir weißen Männern, die irgendwie auffielen. Ich kann nicht genau sagen, was es war, doch man sah ihnen an, dass sie nicht gerade das waren, was man gemeinhin als sympathisch bezeichnet. Sie ließen eine Filipina neben sich her laufen und ich lernte, was es heißt, erbärmlich zu sein.






Am Abend war dann für unsere gesamte Gruppe stets der Höhepunkt des Tages. Bis um 21 Uhr durften wir ausgiebig mit den Kindern des Fatima Centers spielen, malen, singen, tanzen oder auch mal nur reden. Was waren das für Kinder, die zufrieden waren, obwohl sie weder Eigentum besaßen noch Geburtstagsgeschenke kannten? Kinder, deren Eltern gestorben waren, die aber nicht darüber sprachen. Sie weinten über den Tod einer Nonne, die das Fatima Center mitgeleitet hatte. Kinder, die von ihren Eltern verlassen wurden, die aber nicht darüber sprachen. Sie weinten, als wir uns von ihnen verabschiedeten. Kurz: Kinder, die ein neues Zuhause gefunden haben und die nicht nur fröhlich, sondern auch sehr herzlich waren. Ich lernte von ihnen zu vieles, um es hier niederzuschreiben, vor allem aber eines: Was es bedeutet, geliebt zu werden. Und auf einmal war mir klar, dass es keine andere Welt, sondern allein unsere eine gemeinsame Welt ist, in die ich diesen Sommer gereist bin.




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