Erfahrungsbericht Sri Lanka

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Land
Sri Lanka
Träger
New home Beruwala e.V. e.V.
Freiwillige/r
Marie-K. Alt

Singharaja Garden

Sri Lanka Gedanken

„Wo warst du?“
„Sri Lanka.“
„Ach ja – und wo in Afrika ist das nochmal?“
„Ääääääh – das ist eine Insel südlich von Indien...“
„Ups – Das war aber nicht das mit den ganzen Unruhen da in der letzten Zeit?“
„Doch, genau da – ich hab gerade Tee gepflanzt, als im Radio durchgesagt wurde, dass der Krieg zu Ende ist.“
Ja, ich war 4 ½ Monate auf Sri Lanka. Genau genommen in Yattapatha – und drei Wochen in Matugama. Und ich habe dort Dinge erlebt, die mich verändert und geprägt haben.
Ich habe
- im Einklang mit der Natur gelebt und gemerkt, wie gut es meinem Körper und meiner Seele tut.
- gelernt, dass Leistung wirklich nicht alles ist, Familie und soziale Kontakte einen hohen Stellenwert haben und dass eine Familie kunterbunt sein kann, aber trotzdem miteinander harmoniert.
- Sri Lanka lieben gelernt, auch wenn ich manches nicht mochte.
- eine innere Balance erhalten, bin ruhiger, aber auch selbstständiger geworden.
- verstanden, was es heißt, sein Leben zu genießen, denn ich habe verstehen gelernt.

Sri Lanka ist ein wunderschönes Land, keine Frage. Die Natur ist atemberaubend vielfältig und verblüfft einen immer wieder, genauso wie die Spuren der ehemaligen Besatzungsmächte, die am unerwartetsten Ort auftauchen. Die Menschen sind zu Europäern natürlich freundlich und hilfsbereit, schließlich verspricht die weiße Haut gute Kontakte und Geld. Sprachprobleme hat man überall auf der Welt und da die Insel eine zusammengewürfelte Kultur verschiedenster Bevölkerungsgruppen beherbergt, kommt man dort mit Englisch zumindest mal in die nächste Stadt – irgendwie. Englischunterricht abzuhalten ist eine unvergessene Erfahrung, die Schüler wachsen einem genauso ans Herz wie die Familie. Prinzipiell ist nichts unmöglich, wenn man die richtigen Leute und die richtigen Mittel kennt.
Die meisten dieser Punkte kann man jedoch nachlesen. Besonders das Internet bietet eine Vielzahl von Reiseinformationen und Reiseführer berichten auch nicht nur über die touristischen Hochburgen und Übernachtungsmöglichkeiten, sondern gehen auf Menschen, Kultur und Natur ein.

Die Kultur, die dortigen Gepflogenheiten und die Menschen haben mir sehr viel zu Denken aufgegeben. Ich schreibe einen Bericht über das, was ich auch noch danach erlebt habe, über das Begreifen, denn wie man seine Zeit auf Sri Lanka erlebt, hängt letztendlich immer von der eigenen Person ab. Und wenn ich im nachfolgenden Text von „Sri Lanka“, „den Menschen“ und anderen Verallgemeinerungen spreche, dann immer nur von dem, was ich erfahren konnte, an dem Ort, wo ich mich gerade befand, denn im nächsten kann es zur gleichen Zeit ganz anders aussehen.

Die Mentalität der Menschen hat mich fasziniert. Es war nicht einfach, mich in die sture und eigensinnige Denkweise der Singhalesen einzufinden, um ehrlich zu sein, war es unmöglich. Ich habe irgendwann begriffen, dass meine Erziehung sich vollkommen von der dortigen Kindererziehung unterscheidet und die Diskrepanz so groß ist, dass 129 Tage gerade genug sind, um eine grobe Verständnisbasis zu erhalten.
Die Singhalesen leben in den Tag hinein, das Hier und Heute ist wichtiger als das, was morgen vielleicht sein wird. Diese Lebenseinstellung bringt eine Gelassenheit in ihr Leben, die unsereins nicht kennt. In Deutschland stehen wir immer unter Leistungsdruck, „Optimierung“ und „Gewinnsteigerung“ heißen die Wörter, die unseren Alltag nicht nur während der Arbeit, sondern auch in unserer Freizeit bestimmen. Viele sagen jetzt bestimmt: „Das stimmt so aber nicht! In meiner Freizeit bin ich total entspannt.“ Tja, glaubt es weiter und freut euch darüber, dass ihr so klug seid. Auf Sri Lanka ticken die Uhren anders, sie ticken im Rhythmus der (eigenen) Natur und innerhalb von Teezeiten.
Wobei man sagen muss, dass auch immer jemand da ist zum Tee trinken. Reiche Gäste, Besucher, Arbeiter, Familie, Freunde – jeder trinkt den schwarzen Tee Sri Lankas und genießt einen Snack dazu. Das Meiste wird geteilt, die Gastfreundschaft ist von einer Art und Weise wie man sie in Deutschland nicht wieder findet. Und das, obwohl die meisten Sri Lankaner wirklich arm sind. Ich habe die Armut im Land nicht als störend oder „schlimm“ empfunden, da die Betroffenen gelernt haben, damit umzugehen und meist sogar glücklich sind mit dem, was sie haben. Ich kann sie nur dafür bewundern. Wie sie sich selbst und ihre persönlichen Wünsche weit zurückstecken – um sich immer weiter durchs Leben zu schlagen.
Denn Leben hat einen hohen Stellenwert in einem Land, das von langem Krieg gekennzeichnet ist. Jeder dort weiß, was Krieg bedeutet. Täglich konnte man die Geschehnisse in der Zeitung nachlesen. Die meisten kannten eines der zahlreichen Opfer des Krieges. Und hinter jedem Opfer steht eine Geschichte. Ja, ich war in Sri Lanka, als der „Frieden“ ausgerufen wurde. Und auch wenn ich keine Kämpfe miterlebt habe, das Ausmaß des Krieges zu begreifen hat mich erschüttert. Viele werden jetzt mit dem Kopf nicken und sagen „Ja, Krieg ist etwas Schlimmes und wieso schreibt sie so etwas in ihren Erfahrungsbericht?“
Ich schreibe es, weil es uns in Deutschland verdammt gut geht. Und weil ich meistens vermeide über den Krieg zu reden. Ich ermutige jeden dazu, Sri Lanka zu erleben, denn die Schwärmereien über das Land wurden nicht ohne Grund geschrieben. Wer nach Sri Lanka geht, sollte sich aber auch bewusst sein, dass er dort Erfahrungen machen könnte, die sein Leben nachhaltig verändern, besonders wenn die Praktikumszeit länger als nur ein paar Wochen ist. Und dass manche der Erfahrungen Zeit und Kraft brauchen, um zu einer Erkenntnis zu wachsen. Verstehen, welches Ausmaß hinter dem Wort „Krieg“ steckt, ist hier nur eines von vielen Bespielen, aber es gehört zu den Gedanken, die mich im Nachhinein am meisten bewegen. Ich habe aus meinem Auslandsaufenthalt viele Erkenntnisse gewonnen, manche schon vor Ort, aber viele erst wieder hier in Deutschland.

Meine Zeit auf Sri Lanka war wunderschön, ich bin von der Natur und der Kultur dort nach wie vor begeistert, habe viele Freunde gefunden und fand es faszinierend, jeden Tag etwas Neues zu sehen und zu lernen. Meine Arbeit hat mir eine Menge Freude bereitet, insbesondere die Vorbereitung und Durchführung meiner siebenköpfigen Englischklasse.
Es gibt wirklich viele gute Gründe, warum es sich lohnt Singharaja Garden zu besuchen: Ednas geschulte Massagehände, ihre entspannenden Jogastunden, Allis Dschungel- und Kajaktrips, Ausflüge in die nähere Umgebung und nach Colombo, Rundreisen und natürlich die leckere Küche. Das Land ist für Backpacker ein absolutes Traumziel und auf meinen nächsten Besuch – geplant ist eine ausgedehnte Sri Lanka–Rucksack-Tour mit Zwischenstopp bei meinen Freunden in Yattapatha - freue ich mich jetzt schon!

Meine Zeit auf Sri Lanka wird mir unvergesslich bleiben, aber mir fällt es schwer sie zusammenzufassen, denn ich weiß einfach nicht, wo ich anfangen soll und würde ich am Anfang beginnen, so würde ich ein Buch und keinen Bericht schreiben. Es handelt sich hierbei jedoch um einen Erfahrungsbericht und meine wichtigsten Erfahrungen habe ich erläutert, es sind Gedanken, die in keinem Buch auftauchen, dafür sind sie das Ehrlichste und Intimste, was ich bisher über Sri Lanka erzählt habe.


Wer konkrete Fragen zu meinem Aufenthalt auf Sri Lanka hat, kann jederzeit eine Mail an das Team von Singharaja Garden schicken, sie wird an mich weitergeleitet, aber ohne konkrete Fragen eine Geschichte zu erzählen ist wie ohne Rezept einen Kuchen zu backen und dann gibt trotzdem jeder seinen Senf dazu.

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