Erfahrungsbericht Polen
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- Polen
- Träger
- Evangelische Landeskirche in Baden
- Freiwillige/r
- anonym
Altenpflege im "Dom Opieki Arka" in Mikolajki/Nikolajken
Steffen Hauff, Altenpflege im Dom Opieka Arka in Mikolajki/ Masuren, Nordostpolen von August 1999 bis September 2000
Nachdem ich mich entschlossen hatte ,"einen anderen Dienst im Ausland "zu machen, mussten innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Hürden überwunden werden: Ich mußte Visaprobleme bewältigen, einen Sprachkurs organisieren und mir einen Förderkreis aufbauen. Schließlich war alles gemeistert und ich begann ab Anfang August einen 3-wöchigen Sprachkurs in Krakau, einer Stadt, die ich in drei Wochen kennen- und lieben lernte. Der gut gestaltete Sprachkurs mit Kleingruppen (4 Schülern) und das abwechslungsreiche Kulturprogramm waren der volle Erfolg. Ich konnte mir sehr gute sprachliche Grundkenntnisse aneignen, die mir in Mikolajki zu einem guten Start verhalfen.
Am 1. Oktober fing ich im "Dom Opieki Arka"- was übersetzt soviel wie "Altenheim-Die Arche" heißt- mit meiner Arbeit an. Der Anfang war nicht gerade ein "Zuckerschlecken". Glücklicherweise hatte ein ehemaliger Auslandsdienstleistender mit sehr guten Polnischkenntnissen mir zuallererst einmal geholfen die wichtigsten Eckpunkte wie Unterkunft, Verpflegung, Arbeitszeiten usw. vertraglich und schriftlich abzuklären. Trotzdem kam in den ersten Tagen eine erdrückende Anzahl von Informationen und Eindrücken auf mich zu. Die Gewöhnung an die körperliche und psychisch anstrengende Arbeit, die Verständigungsprobleme mit der neuen Sprache und die Vielzahl der Gesichter und Namen in einer ungewohnten Umgebung sorgten dafür, dass ich früh zu Bett ging und sehr tief schlief.
Mikolajki, zu deutsch Nikolaiken liegt im Herzen der Masurischen Seenplatte direkt an einem weitverzweigten System von Kanälen und Seen ungefähr 250 km nördlich von Warschau. Das Städtchen zählt ungefähr 4000 Einwohner, wovon sich etwa 270 zum evangelisch-augsburgischen Glauben bekennen. Das circa 3 ha große Gelände der Kirchengemeinde beherbergt eine sehr schöne Kirche, das Altersheim "Arka", das Gästehaus und ein Pfarrhaus.
Im Altenheim wohnen zur Zeit 76 Menschen. Davon sind ungefähr 20 pflegebedürftig. Für eine lückenlose Krankenüberwachung und Pflege sind ungefähr 20 PflegerInnen und medizinisches Personal verantwortlich. Insgesamt arbeiten 38 Menschen dort, einschließlich Köchinnen, Gärtner und Verwaltung.
Mein Arbeitstag sieht etwa so aus:
7.00 Uhr Arbeitsbeginn: Ich wecke die pflegebedürftigen Heimbewohner, wasche sie, ziehe sie an und füttere sie. Diese Arbeit dauert bis 8.30 Uhr und ist recht anstrengend. Um 8.30 Uhr ist dann Frühstück für die restlichen Heimbewohner im großen Speisesaal. Ich serviere das Essen, schenke Tee ein, teile Medizin aus und räume danach das Geschirr ab. Nachdem ich dann gegessen habe, helfe ich bis 12.30 Uhr die Zimmer zu putzen und die Heimbewohner in den Fernseh- Aufenthaltsraum oder in den Rehabilitationsraum zu bringen. Um 13.00 Uhr wird das Mittagessen serviert, wobei ich wiederum zuerst helfe die Pflegefälle zu füttern und mich dann um die Bewirtung der restlichen Heimbewohner kümmere.
Von 13.30 bis 17.00 habe ich Pause. Diese freie Zeit benütze ich um joggen oder angeln zu gehen, Briefe zu schreiben oder was häufig geschieht, einfach zu schlafen. Von 17.00 bis 18.00 Uhr ist es meine Aufgabe die Pflegebedürftigen zu füttern und zu Bett zu bringen. Mein Arbeitstag endet schließlich um 18.30 Uhr, nachdem ich erneut geholfen habe das Abendessen zu servieren.
Manchmal begleite ich Heimbewohner, wenn ein Besuch im Krankenhaus erforderlich ist. Bei der Verlegung einer Heimbewohnerin in ein anderes Heim war ich behilflich. Bei der Grabpflege von Angehörigen im Herbst begleitete ich eine Gruppe zum hiesigen Friedhof.
Nach meinem Weihnachtsurlaub zu Hause merkte ich, wie sehr ich mich an die Arbeit gewöhnt hatte, ja wieviel Spaß ich sogar daran habe, auch wenn ich immer noch körperlich- und psychisch anstrengende Phasen durchstehen muss. Ich sehe, dass ich mittlerweile ein routinierter und eingespielter Mitarbeiter unseres Altenheimes in Mikolajki bin .Und dennoch versuche ich. weiterhin meine Arbeit nicht automatisch zu verrichten, denn für mich stehen die Menschen und nicht die pflegerische Tätigkeit immer in Vordergrund.
Mir wird bewusst, wie viele Bekanntschaften ich in der kurzen Zeit tatsächlich gemacht habe. In meiner Freizeit erfahre ich eine großartige Gastfreundlichkeit. Ich wurde von einigen Pfleger/Innen nach Hause eingeladen und hatte damit die Möglichkeit ihre Familien und vor allem deren Kinder kennenzulernen. Es ist teilweise bedrückend, wie sie mit sehr einfachen Verhältnissen zu Recht kommen müssen, was aber in Betracht der geringen Löhne und der hiesigen Arbeitssituation nicht verwundert. Um so mehr schätze ich die einzigartige Gastfreundschaft meiner polnischen Kolleg/Innen. Recht schnell erfuhren die Pfleger/Innen von meiner zweisprachigen Erziehung und meinen Englischkenntnissen. So kann ich ihre Gastfreundschaft erwidern und unterrichte seit einiger Zeit vier Jugendliche, die ihre mündlichen Fähigkeiten verbessern wollen/müssen, da dies in den Schulen sträflich vernachlässigt wird. Sie sind zu meiner großen Freude recht fleißig und machen gute Fortschritte.
Nach anstrengenden Tagen während der Woche freue ich mich, wenn ich gelegentlich am Wochenende etwas unternehmen konnte. Es war mir möglich einige Male zu meinen Freunden nach Warschau zu fahren. Dort bekamen solche Dinge wie Kino- oder Diskobesuch wieder eine ganz neue Bedeutung. Mikolajki ist in der Winterzeit war doch sehr ruhig und einsam!!!
Inzwischen ist der kurze Frühling vorbei und die Sommer- und Touristenzeit hat angefangen. Die Beherbergung von Gästen im Gästehaus ist für die Finanzierung des Altenheims doch sehr wichtig. Dafür waren einige Verbesserungen nötig, an denen ich mitarbeiten konnte. Ich habe mit zwei weiteren Mitarbeitern die Küche im Gästehaus renoviert, elektrische Leitungen verlegt, Gipsplattenwände eingezogen, gefliest und Möbel eingebaut.
Ich freue mich, wenn Gruppen aus Polen und Deutschland kommen. Auch Gruppen mit behinderten Menschen finden bei uns Erholung. Eine ökumenische Kirchentagung mit Repräsentanten aus Deutschland, Polen und Litauen fand statt, sowie mehrere ökumenische Treffen und Gottesdienste. Ich kann mich in der Zwischenzeit mit allen Mitarbeitern und Heimbewohnern fließend auf Polnisch unterhalten, worüber sich alle sehr freuen.
Immer häufiger arbeite ich jetzt auch im Büro des Pfarrhauses und mache Telefondienste, Übersetzungsarbeiten und Büroarbeit.
Noch etwa drei Monate werde ich in dieser schönen Umgebung verbringen. Dann heißt es Abschied nehmen. Ich habe viele wichtige Erfahrungen gemacht, die für mich unersetzbar sind und sicherlich meine Zukunft prägen werden. Voraussichtlich werde ich meine sprachlichen und kulturellen Kenntnisse in einem Studium der Slavistik und Osteuropäischen Geschichte vertiefen.
Steffen Hauff im Juli 2000
Nachdem ich mich entschlossen hatte ,"einen anderen Dienst im Ausland "zu machen, mussten innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Hürden überwunden werden: Ich mußte Visaprobleme bewältigen, einen Sprachkurs organisieren und mir einen Förderkreis aufbauen. Schließlich war alles gemeistert und ich begann ab Anfang August einen 3-wöchigen Sprachkurs in Krakau, einer Stadt, die ich in drei Wochen kennen- und lieben lernte. Der gut gestaltete Sprachkurs mit Kleingruppen (4 Schülern) und das abwechslungsreiche Kulturprogramm waren der volle Erfolg. Ich konnte mir sehr gute sprachliche Grundkenntnisse aneignen, die mir in Mikolajki zu einem guten Start verhalfen.
Am 1. Oktober fing ich im "Dom Opieki Arka"- was übersetzt soviel wie "Altenheim-Die Arche" heißt- mit meiner Arbeit an. Der Anfang war nicht gerade ein "Zuckerschlecken". Glücklicherweise hatte ein ehemaliger Auslandsdienstleistender mit sehr guten Polnischkenntnissen mir zuallererst einmal geholfen die wichtigsten Eckpunkte wie Unterkunft, Verpflegung, Arbeitszeiten usw. vertraglich und schriftlich abzuklären. Trotzdem kam in den ersten Tagen eine erdrückende Anzahl von Informationen und Eindrücken auf mich zu. Die Gewöhnung an die körperliche und psychisch anstrengende Arbeit, die Verständigungsprobleme mit der neuen Sprache und die Vielzahl der Gesichter und Namen in einer ungewohnten Umgebung sorgten dafür, dass ich früh zu Bett ging und sehr tief schlief.
Mikolajki, zu deutsch Nikolaiken liegt im Herzen der Masurischen Seenplatte direkt an einem weitverzweigten System von Kanälen und Seen ungefähr 250 km nördlich von Warschau. Das Städtchen zählt ungefähr 4000 Einwohner, wovon sich etwa 270 zum evangelisch-augsburgischen Glauben bekennen. Das circa 3 ha große Gelände der Kirchengemeinde beherbergt eine sehr schöne Kirche, das Altersheim "Arka", das Gästehaus und ein Pfarrhaus.
Im Altenheim wohnen zur Zeit 76 Menschen. Davon sind ungefähr 20 pflegebedürftig. Für eine lückenlose Krankenüberwachung und Pflege sind ungefähr 20 PflegerInnen und medizinisches Personal verantwortlich. Insgesamt arbeiten 38 Menschen dort, einschließlich Köchinnen, Gärtner und Verwaltung.
Mein Arbeitstag sieht etwa so aus:
7.00 Uhr Arbeitsbeginn: Ich wecke die pflegebedürftigen Heimbewohner, wasche sie, ziehe sie an und füttere sie. Diese Arbeit dauert bis 8.30 Uhr und ist recht anstrengend. Um 8.30 Uhr ist dann Frühstück für die restlichen Heimbewohner im großen Speisesaal. Ich serviere das Essen, schenke Tee ein, teile Medizin aus und räume danach das Geschirr ab. Nachdem ich dann gegessen habe, helfe ich bis 12.30 Uhr die Zimmer zu putzen und die Heimbewohner in den Fernseh- Aufenthaltsraum oder in den Rehabilitationsraum zu bringen. Um 13.00 Uhr wird das Mittagessen serviert, wobei ich wiederum zuerst helfe die Pflegefälle zu füttern und mich dann um die Bewirtung der restlichen Heimbewohner kümmere.
Von 13.30 bis 17.00 habe ich Pause. Diese freie Zeit benütze ich um joggen oder angeln zu gehen, Briefe zu schreiben oder was häufig geschieht, einfach zu schlafen. Von 17.00 bis 18.00 Uhr ist es meine Aufgabe die Pflegebedürftigen zu füttern und zu Bett zu bringen. Mein Arbeitstag endet schließlich um 18.30 Uhr, nachdem ich erneut geholfen habe das Abendessen zu servieren.
Manchmal begleite ich Heimbewohner, wenn ein Besuch im Krankenhaus erforderlich ist. Bei der Verlegung einer Heimbewohnerin in ein anderes Heim war ich behilflich. Bei der Grabpflege von Angehörigen im Herbst begleitete ich eine Gruppe zum hiesigen Friedhof.
Nach meinem Weihnachtsurlaub zu Hause merkte ich, wie sehr ich mich an die Arbeit gewöhnt hatte, ja wieviel Spaß ich sogar daran habe, auch wenn ich immer noch körperlich- und psychisch anstrengende Phasen durchstehen muss. Ich sehe, dass ich mittlerweile ein routinierter und eingespielter Mitarbeiter unseres Altenheimes in Mikolajki bin .Und dennoch versuche ich. weiterhin meine Arbeit nicht automatisch zu verrichten, denn für mich stehen die Menschen und nicht die pflegerische Tätigkeit immer in Vordergrund.
Mir wird bewusst, wie viele Bekanntschaften ich in der kurzen Zeit tatsächlich gemacht habe. In meiner Freizeit erfahre ich eine großartige Gastfreundlichkeit. Ich wurde von einigen Pfleger/Innen nach Hause eingeladen und hatte damit die Möglichkeit ihre Familien und vor allem deren Kinder kennenzulernen. Es ist teilweise bedrückend, wie sie mit sehr einfachen Verhältnissen zu Recht kommen müssen, was aber in Betracht der geringen Löhne und der hiesigen Arbeitssituation nicht verwundert. Um so mehr schätze ich die einzigartige Gastfreundschaft meiner polnischen Kolleg/Innen. Recht schnell erfuhren die Pfleger/Innen von meiner zweisprachigen Erziehung und meinen Englischkenntnissen. So kann ich ihre Gastfreundschaft erwidern und unterrichte seit einiger Zeit vier Jugendliche, die ihre mündlichen Fähigkeiten verbessern wollen/müssen, da dies in den Schulen sträflich vernachlässigt wird. Sie sind zu meiner großen Freude recht fleißig und machen gute Fortschritte.
Nach anstrengenden Tagen während der Woche freue ich mich, wenn ich gelegentlich am Wochenende etwas unternehmen konnte. Es war mir möglich einige Male zu meinen Freunden nach Warschau zu fahren. Dort bekamen solche Dinge wie Kino- oder Diskobesuch wieder eine ganz neue Bedeutung. Mikolajki ist in der Winterzeit war doch sehr ruhig und einsam!!!
Inzwischen ist der kurze Frühling vorbei und die Sommer- und Touristenzeit hat angefangen. Die Beherbergung von Gästen im Gästehaus ist für die Finanzierung des Altenheims doch sehr wichtig. Dafür waren einige Verbesserungen nötig, an denen ich mitarbeiten konnte. Ich habe mit zwei weiteren Mitarbeitern die Küche im Gästehaus renoviert, elektrische Leitungen verlegt, Gipsplattenwände eingezogen, gefliest und Möbel eingebaut.
Ich freue mich, wenn Gruppen aus Polen und Deutschland kommen. Auch Gruppen mit behinderten Menschen finden bei uns Erholung. Eine ökumenische Kirchentagung mit Repräsentanten aus Deutschland, Polen und Litauen fand statt, sowie mehrere ökumenische Treffen und Gottesdienste. Ich kann mich in der Zwischenzeit mit allen Mitarbeitern und Heimbewohnern fließend auf Polnisch unterhalten, worüber sich alle sehr freuen.
Immer häufiger arbeite ich jetzt auch im Büro des Pfarrhauses und mache Telefondienste, Übersetzungsarbeiten und Büroarbeit.
Noch etwa drei Monate werde ich in dieser schönen Umgebung verbringen. Dann heißt es Abschied nehmen. Ich habe viele wichtige Erfahrungen gemacht, die für mich unersetzbar sind und sicherlich meine Zukunft prägen werden. Voraussichtlich werde ich meine sprachlichen und kulturellen Kenntnisse in einem Studium der Slavistik und Osteuropäischen Geschichte vertiefen.
Steffen Hauff im Juli 2000