Erfahrungsbericht Indien

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Land
Indien
Träger
Internationale Jugendgemeinschaftsdienste LV Berlin e.V.
Freiwillige/r
Manuel

Unterrichten in einer Schule, Südindien

Mein Alltag in Südindien

Nach dem Abitur am Eschenbacher Gymnasium stellte sich mir die Frage ob ich gleich studieren oder erst noch mal in die Welt reisen sollte. Und wenn Reisen, dann wie? und wohin? Vielerlei Überlegungen führten mich schließlich hierher nach Indien.
Als Freiwilliger, des Weltwärts Programms des BMZ, lebe und arbeite ich, Manuel Kick, nun seit September 2012 bis August 2013, in einem kleinen Ort im Südindischen Bundesstaat Karnataka. Weltwärts versteht sich nicht als Entwicklungshilfe sondern ist ein Lerndienst, der durch das Leben vor Ort und der Arbeit in Einsatzstellen einen interkulturellen Austausch und Einblicke in entwicklungspolitische Zusammenhänge ermöglicht. Der Freiwilligendienst soll jungen Menschen globale Abhängigkeiten und Wechselwirkungen bewusst machen. Weltwärts soll das Engagement für die Eine Welt nachhaltig fördern. Außerdem möchte Weltwärts gegenseitige Verständigung, Achtung und Toleranz fördern.



Abgesehen von einer Vorbereitungswoche und den Schulferien arbeite ich in „Chaitanya Special School“ einer Schule für „Kinder“ mit verschiedensten Behinderungen.
Die meisten der durchschnittlich 18 Schüler, im Altern von 7 bis 36 werden vom Schuleigenen Fahrer gebracht. Die Kinder selbst sind lieb und lebhaft, sie helfen dem Personal und sich gegenseitig, versuchen mit mir zu reden, was meist an meinen Sprachkenntnissen scheitert, spielen und träumen gerne. Lachen kann man auch gut mit ihnen. Nach einem Gebet um ca. 10 Uhr beginnt der Schulalltag mit Gymnastikübungen oder Yoga, für die meisten, und individuellen Übungen, für ca. 4 Schüler. Die nächsten 2 Unterrichtsstunden bedeuten für die meisten Schreiben, Lesen, Zählen, Rechnen oder Wörter lernen. Nach der Mittagspause wird dann in der Regel gespielt, getanzt, gemalt oder gebastelt.
Zusammen mit einem anderen Freiwilligen unterstütze ich die Lehrer bei den gemeinsamen Übungen und im Unterricht. Bestimmte Kinder bekommen Einzelförderung durch uns. Mit ihnen machen wir Physiotherapie, Spaziergänge, Spiele oder Sprachtherapie. Wir kümmern uns um das Zähneputzen und die Obstversorgung in der Schule und bringen die Kinder die nicht selbst laufen können vom und zum Bus. Seit der Monsun vorbei ist gehen wir auch des öfteren zum Spielplatz. Dort können sich die Schüler dann richtig austoben. Manchmal helfen wir auch der Schulleitung bei organisatorischen Dingen. Um 16 Uhr endet der Schultag mit einem Gebet. Insgesamt ist der Tagesablauf gut strukturiert. Allerdings könnten eine bessere Ausbildung des Personals und der Freiwilligen die Zustände noch mehr verbessern. Schade finde ich, dass es kaum ärztliche Betreuung oder gezielte Diagnosen für die betroffenen Kinder gibt. Dadurch ist oft nicht klar, wie man am besten mit ihnen umgehen sollte und die angewandten Methoden wirken auf mich manchmal etwas unpassend. Auf jeden Fall sind die Freiwilligen durch ihre „andere“ Umgangsweise mit den Kindern eine echte Bereicherung für diese Schule und auch die Früchte der Freiwilligenarbeit der letzten Jahre sind zu sehen. Und man kann glücklich darüber sein, dass diese privat finanzierte Schule überhaupt existiert.



Neben der Arbeit in der Schule verbringe ich auch noch meinen ganzen Alltag in indischen Verhältnissen. Das bedeutet Essen (jede Menge Reis) mit der rechten Hand, kein Klopapier, Wäsche waschen mit den Händen, „niedrigen Preisen“, ein doch etwas anderer Linksverkehr, einigem Müll, Moskitos, 30 Grad im Winter, usw. Nach über drei Monaten, die echt schnell vergangen sind, erscheint mir mein Umfeld schon total „normal“. Was mir hier begegnet ist in so vielen Details anders; vieles ist einfach an das Land, die Zustände und das Klima angepasst. Wer andere Pflanzen hat, kocht einfach anders und wenn wenig private Fahrzeuge existieren, braucht man einfach mehr öffentlichen Verkehr. Religionen, Verhalten, Kommunikation und andere Sachen haben sich wohl eher über die Jahre entwickelt und sind auch schwieriger zu verstehen und schon gar nicht vorauszuahnen.
Vorurteile, wie „Indien ist arm, spirituell, unpünktlich, voll von Kühen, Affen, Elefanten und gefährlichen Tieren“ sind auf jeden Fall nicht generell zutreffend. Es gibt hier in der „Kleinstadt“ genauso Reiche, die sich wie bei uns teure Autos und große Häuser leisten. Kühe sieht man nicht so oft und bis jetzt habe ich nur einen Elefanten gesehen, dafür gibt es jede Menge (Straßen-)Hunde.
Unterkunft, Verpflegung und angenehme Gesellschaft finde ich in einer indischen Gastfamilie. Zu meinem Glück wohnt sie relativ nah an der Stadt, hat ein schönes Haus, beherrscht gutes Englisch, bereitet tolles Essen zu und hat zwei Kinder in etwa meinem Alter.



Meine Woche sieht in etwa so aus: Fast täglich mache ab 5:40 für 75 Minuten Yoga im Tempel. Das Patanjali Yoga hier besteht nur zu ca. einem Drittel aus Hatha Yoga, inklusive Sonnengruß, wie Viele es kennen. Die restlichen 2/3 bestehen aus Atemübungen, kurzer Tiefenentspannung, Lockerung, Mantras, Meditation, Konzentrationsübungen und dynamischen Übungen.
Dreimal die Woche bekomme ich Sprachunterricht und einmal die Woche treffen sich die Freiwilligen in der Gegend am Abend. Um 21 Uhr sollte ich zuhause sein. Es wird schon um 19 Uhr richtig finster und nach 20 Uhr ist auf den Straßen fast nichts mehr los. Es gibt erst zwischen 20 und 21 Uhr Abendessen, dass Hauptessen des Tages. Danach habe ich Gelegenheit mit den Familienmitgliedern zusammen zu sein oder mich zurückzuziehen. Ich sitze dann oft mit einem Buch bei ihnen und unterhalte mich bei Gelegenheit. Sie stellen sehr viele Fragen, auch mehrfach. Das liegt am Interesse an mir und Deutschland und an der indischen Art Gespräche zu führen.

Das Wochenende habe ich komplett frei. Die Kinder hier gehen auch samstags zur Schule. Meine Gastschwester geht sogar sonntags "freiwillig" zu einer „extraclass“. Viele nutzen den Sonntag zum Putzen und Wäsche waschen, von mir wird ähnliches erwartet. Auf verschiedenen Reisen durfte ich schon viel von Indien erleben. Indien ist so unterschiedlich. Zwischen Bergen und Küste, Großstadt bzw. Touristengegend. und Dorf liegen oft Welten. Es gibt viele alte Bauwerke und Tempel, große Götterstatuen, indische Feste, Märkte und schöne Landschaften von Berg über Dschungel bis Strand zu sehen.

Ich bin froh, länger bleiben zu können, weil es so viel zu erleben, lernen und bereisen gibt und in meinem Projekt Veränderungen nicht von heute auf morgen erreicht werden. Wer noch mehr lesen und sehen will findet auf meinem Blog was er sucht.
-> zu Manuels Blog

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