Erfahrungsbericht Brasilien

-> Kommentar zu diesem Bericht schreiben
Land
Brasilien
Träger
ICJA Freiwilligenaustausch weltweit e.V.
Freiwillige/r
anonym

Schule

Sechs Wochen sind nun vergangen seit ich Deutschland verlassen hab. Bei euch ist der Schnee geschmolzen, doch hier wird es langsam etwas kälter. Bei uns ist jetzt Herbst, doch hier scheint im Herbst fast jeden Tag die Sonne. Es ist nur etwas kälter. Gestern hatte ich das erste Mal lange Hosen an, weil es morgens so kalt war. Heute war es wieder wärmer. Ich natürlich gleich wieder in Badelatschen, kurzer Hose und T-Shirt. Als ich auf der Arbeit ankomme werde ich erst Mal gefragt, ob mir nicht kalt ist. Außer mir waren alle Leute in langer Hose und T-Shirt????? Naja, wir hatten dann tagsueber so 25C.

Ich stehe an der Haltestelle João Pessoa im Zentrum der Stadt. Hier fahren quasi permanent Busse ab, die die Leute bis an die äußersten Stadtviertel und noch viel weiter bringen. Jedes Mal wenn man in einn Bus einsteigt, muss man eine grüne oder eine braune Münze( 1,85 Reais=0,80Euro) an den Kassierer bezahlen. Es gibt keine Tageskarten, geschweige denn Monats- oder Jahreskarten. Im Durchschnitt benutzt man pro Tag 5 Busse und jedes Mal bezahlt man wieder aufs Neue. Für Brasilianer ist das normal, denn hier rechnet man nicht in Jahren. Hier rechnet die Masse in Tagen! Man arbeitet ca. 10 Stunden am Tag, kauft dann die Sachen die nötig sind und was übrig bleibt, hebt man für Morgen auf. Um die Busfahrten zu bezahlen.
Wir steigen in eine Bus Richtung Cruzeiro, so heisste das Viertel in dem ich arbeite. Nach einiger Zeit verlaesst der Bus das Stadtzentrum und druchquert eines der bunten Mittelstandsviertel. Hier ist jedes Haus auf seine Art individuell. Sei es die Farbe der Hauswand oder die Höhe des Eisenzauns, der hier fast jedes Haus umgibt. Wir steigen in Cruzeiro aus. Auch dieser Stadtteil ist bunt. Aber hier stechen nicht die grellen Farben der Hauswände ins Auge. Es sind die grellen Farben der Plastiktüten, Cola-Dosen und Bananenschalen, die hier die Straßen zieren. Kaum ein Haus ist verputzt und der Bürgersteig ist aus rotem Schotter. Die Hautfarbe der Bewohner ist sichtlich dunkler, als die derer im Zentrum.
Fabricio führt uns durch die Hortanlage. Hier gibt es zwei große Gebäude, einen Spielplatz, einen großen Garten, in dem 90% der Früchte wachse, die die Kinder essen und zwei Fußballplätze. Kinder von 2 -16 Jahre werden hier betreut. In Brasilien gehen die Kinder entweder morgens oder nachmittags zur Schule. Damit die Kinder aus dem Favela-Viertel ihre Zeit nicht auf der Strasse vergeuden, versucht man sie in der Fundação Cazimiro Bruno Curtz sinnvoll zu beschäftigen. In einer Favela gibt es nichts zu tun. Wenn man Glück hat, kommt Mal ein reicher Fuzzi vorbei und kauft ein bisschen Marijuana.

Meine Arbeit
Es ist eigentlich keine Arbeit, dachte ich am Anfang. Und zwar deshalb weil ich diese Art von Arbeit überhaupt nicht kannte. Die Professora und ich betreuen zusammen eine Klasse. Zum Großteil besteht meine Arbeit darin, einfach nur für die Kids da zu sein. Ich spiele mit ihnen Brettfußball, Rätsel machen und Twister. Für mich war Spielzeug immer was ganz normales, doch hier bekommt es eine ganz andere Bedeutung. Denn kaum eines meiner Kinder hat Spielzeug zu Hause. Deshalb ist es umso wichtiger, dass sie hier die Zeit haben zum Spielen mit Spielzeug.
Ich bin einfach der Jo für sie, der Grosse Bruder der für jeden Spaß zu haben ist.


Neben der Arbeit habe ich auch noch Portugiesischunterricht, sechs Stunden in der Woche. An der Staatlichen Uni von Rio Grande do Sul. Der Unterricht ist gut, doch die meisten Sachen lerne ich auf der Straße. Und es geht voran. Ich verstehe mittlerweile schon sehr gut und kann mich auch einigermaßen verständigen. Das Wörterbuch hab ich schon lang nicht mehr benutzt. Ich fange so langsam an, in Portugiesisch zu denken. Während ich diesen Text auf Deutsch schreibe, muss ich immer wieder überlegen ob die Worte so richtig sind, wie ich sie schreibe. Was echt abgefahren ist, ich träume in Portugiesisch.

Atè mais. Abraços
Jo

PS. Ich habe niemals über Brot nachgedacht, doch hier tu ich es. Mir fehlt das deutsche Brot.

Kommentar zu diesem Erfahrungsbericht schreiben

-> Kommentar zu diesem Bericht schreiben